Mit einem «Draft for Comments» (DfC) wird eine einfache Arbeitsweise vorgeschlagen, um Entwürfe von Dokumenten zu Digitalthemen zur Diskussion stellen zu können. Dabei kann es sich einerseits um Vorschläge von «Experten-Standards» oder Mindestanforderungen für die Praxis handeln. Andererseits können Analysen und allgemeine Dokumente, aber auch Aufsätze und Essays als DfC erarbeitet und diskutiert werden.

Summary: DfC-Prozess für eigenständige Diskussionen zu Digitalthemen

Ein DfC ermöglicht es, so die Idee, Themen zu erarbeiten und zur Diskussion zu stellen. Das Prinzip hat gewisse Ähnlichkeiten zu anderen “Call for …” oder “Request for …“. Ganz im Wortsinn von «Draft for Comments» geht es hier darum, um Kommentare zu einem Dokumenten-Entwurf zu bitten. Der Themenbereich eines DfC per se ist nicht eingeschränkt. In diesem Projekt soll er alle digitaltechnischen oder digitalökonomischen Fragen umfassen. Fachleute, Forschende und alle interessierten Personen sollen mit ihrer Expertise und ihrem Wissen dazu beitragen können, dieses direkt oder indirekt einer breiteren, interessierten Öffentlichkeit weiterzugeben. Das einfache und zugleich hochgesteckte Ziel ist also, durch Kommentare und Expertise von Dritten die Qualität eines Textes auch dann zu erhöhen, wenn geringe Ressourcen zur Verfügung stehen.

DfC-Kategorien

Drei Dokumenten-Kategorien werden vorgeschlagen:

  1. Analyse, Bericht

  2. Experten-Standard, Mindestanforderungen für die Praxis

  3. Essay, Aufsatz, Vortrag, Information

Der Begriff «Draft for Comments» (DfC)

Wenn es darum geht, um Kommentare zu einer Arbeit zu bitten, lassen sich gebräuchliche Formulierungen finden wie beispielsweise Call for Feedback oder Call for Comments. Nur scheinbar ähnlich ist der in der ICT bzw. in der Internet-Branche bekannte Request for Comments (RFC). Die vorgeschlagene DfC-Idee dürfte teilweise eher einer Mischung aus dem heutigen Internet-Draft1 und dem frühen RFC ähneln:

The early RFCs were, in fact, requests for comments on ideas and proposals; the goal was to start conversations rather than to create an archival record of a standard or best practice. 2

Draft for Comments könnte sprachlich kritisiert werden. Wollte man den Aufruf zum Kommentieren betonen, könnte man die oben genannten Termini Call for Feedback oder Call for Comments verwenden. Draft for Comments oder Draft for Public Comment(s) findet man wohl nicht ganz grundlos seltener. Es sieht so aus, als könnte man stattdessen Request for Public Comment on Draft oder Draft for Public Review and Comment verwenden3, wollte man sowohl Entwurf als auch Aufruf zum Kommentieren erwähnen.

Warum schlagen wir dennoch den wenig verwendeten Begriff Draft for Comments vor? Erstens: er ist kürzer, einfacher und erweckt - gerade weil wenig verwendet - unserer Einschätzung nach noch keine besondere Assoziation. Zweitens: Sollte Draft for Comments einen ungewohnten oder irrigen Unterton haben, könnte er auch als ein Portmanteau, Mot-Valise oder eine Kontaminationsform angesehen werden. Wenn sowohl der Aufruf zu kommentieren als auch der Entwurfs-Charakter enthalten sein soll, bilden wir uns ein, dass der womöglich korrektere Request for Comment(s) on Draft zu einer anderen Form zusammengezogen Draft for Comments ergibt. Vielleicht hätte man einen deutschsprachigen Begriff oder eine Übersetzung nehmen können. Unter den überhaupt denkbaren Begriffen wäre der Beiklang unseres Erachtens noch ungewohnter oder die Begriffe wären überhaupt nicht gebräuchlich gewesen.

DfC (1): Analysen und Berichte

Ein DfC-Prozess soll projektunabhängig und interdisziplinär umsetzbar sein. Veranschaulichen wir diese Kategorie Analysen und Berichte an unserem Digi-Oek.ch-Projekt: Vorläufig wird es kaum möglich sein, eigene Forschungs-Arbeiten durchzuführen. Ein einfacher DfC-Prozess müsste jedoch machbar sein: Dabei wird ein Vorschlag, ein Entwurf (eines Textes), eine Idee oder eine Analyse zu einem Digitalthema erarbeitet oder eingereicht. Digitalthema darf breit interpretiert werden. Personen aus Forschung und Praxis - mit Expertise oder Interesse - dürfen sich eingeladen fühlen, den Entwurf zu kommentieren, zu kritisieren, zu vervollständigen oder zu verbessern. Ein DfC soll möglichst sachlich, objektiv und allgemeingültig formuliert werden und auf bisheriger Forschung aufbauen, ebenso die Kommentierung. Obschon absolute Objektivität nicht erreichbar ist, soll ein Thema möglichst unabhängig beurteilt oder beschrieben werden.

Hat ein Projekt wie Digi-Oek.ch wenig Ressourcen, dann könnte, so das recht hochgesteckte Ziel, die Qualität und Praxistauglichkeit einer Analyse dennoch gut ausfallen. Dies, indem wie erwähnt versucht wird, Expertise von Dritten einzubeziehen. Ist ein Projekt unabhängig, können vielleicht sogar übergreifende, interdisziplinäre Aspekte beleuchtet werden, die etwas weniger im Fokus der Öffentlichkeit sind.

DfC (2): Unkomplizierte Ergänzung zu den aufwendigen Standardisierungsprozessen

Es würde überheblich klingen, sollte sich dieses kleine Digi-Oek.ch-Projekt mit den grossen Standardisierungsprozessen vergleichen wollen. Ein Vergleich ist tatsächlich nicht angebracht.

Zu den bedeutenden Normen- und Standardisierungsorganisationen gehören auf europäischer Ebene beisielsweise das CEN. International sind die ISO oder im Bereich Internetstandards die IETF mit ihren bekannten RFC wichtig. Nationale Organisationen wie bspw. die SNV in der Schweiz oder in Nachbarländern AFNOR, DIN, ASI und andere werden vermutlich weniger wahrgenommen.

Diese Organisationen koordinieren oder unterstützen Prozesse, welche der Festlegung von Normen dienen - häufig im Konsens. Solche Normierungs- und Standardisierungsprozesse können lange dauern und aufwendig sein. Ausserdem dürften die Hürden für unabhängige Expertinnen, Forscher, Fachleute aus der Praxis oder Interessierte nicht immer ganz einfach zu nehmen sein. Dennoch können Teile dieser Prozesse gewissermassen als Vorbild dienen für den vorgeschlagenen, weit weniger komplexen DfC-Prozess. Natürlich darf nicht beansprucht werden, dadurch würde auch dasselbe erreicht.

Als vorläufigen Begriff für DfC dieser zweiten Kategorie schlagen wir Experten-Standard vor. Ein solcher soll einfach und vergleichsweise schnell erarbeitet werden können. Diese Art DfC kann eine Richtlinie oder eine Mindestanforderung für die Praxis (Best [Current] Practice) sein. Denkbar wäre, dass solche DfC eigenständige Standard-Vorschläge blieben oder aber gelegentlich als Basis für formellere Standards dienen könnten. Wichtig ist auch hier, dass Sachlichkeit (welche wiederum näher definiert werden sollte) als Leitlinie dient.

DfC (3): Essay, Aufsatz, Vortrag oder Information

Diese Kategorie dürfte auf den ersten Blick untypisch sein und scheint nicht ganz in die Reihe der DfC-Dokumenten-Kategorien zu passen. Eine Autorin oder ein Autor könnte aber auch für einen Aufsatz um Kommentare und Verbesserungen bitten wollen. Gemäss Duden kann es sich bei einem Aufsatz u. a. um eine “kürzere Abhandlung über ein bestimmtes Thema” oder beispielsweise “einen [wissenschaftlichen] Aufsatz veröffentlichen” handeln4. Einem Essay wird die Bedeutung einer “Abhandlung, die eine literarische oder wissenschaftliche Frage in knapper und anspruchsvoller Form behandelt” zugeschrieben5.

In diese Kategorie fällt auch jedes Dokument, das schwer eingeordnet werden kann, so ein Exposé, Vortrag, eine Präsentation oder andere Information. Ferner Basisinformationen, die den DfC und den DfC-Prozess selber beschreiben.

Ablauf

Demnächst soll ein erster DfC auch gleich sich selber, den DfC samt vorgeschlagenem Ablauf, beschreiben. Zur Bearbeitung und insbesondere Kommentierung kann aus vielen modernen Werkzeugen ausgewählt werden. Ähnlich wie bei viel grösseren Organisationen, etwa der IETF, wählen wir die gute alte und eigentlich immer noch moderne Mailingliste. Diese ist zwar unter ICT-Fachpersonen bekannter als sonst. Eine Mailingliste dürfte aber bei einem kleinen Projekt mit Abstand am einfachsten sein und den wohl geringsten Wartungsaufwand verursachen.


21.03.2020, aktualisiert 24.04.2020, 20.10.2020


  1. “Internet-Drafts are working documents of the IETF, its areas, and its Working Groups. […]” in: IETF. “Internet-Drafts”. Abgerufen 21.03.2020, <https://www.ietf.org/standards/ids/> 

  2. Flanagan, H., Ed., “Fifty Years of RFCs”, RFC 8700, DOI 10.17487/RFC8700, December 2019, <https://www.rfc-editor.org/info/rfc8700>. 

  3. Zumindest tun dies offensichtlich einige staatliche Stellen unter *.gov in den USA. 

  4. “Aufsatz” in: Duden. Abgerufen 24.04.2020, <https://www.duden.de/rechtschreibung/Aufsatz> 

  5. “Essay” in: Duden. Abgerufen 24.04.2020, <https://www.duden.de/rechtschreibung/Essay>